Wandersleben
ist eine kleine Gemeinde nordwestlich von Arnstadt, unweit der Ausfahrt Neudietendorf/Thörey der A4. Das Wahrzeichen des Ortes ist eine der Drei Gleichen, eine imposante Burgruine. Die Ursprünge der Kirche St. Petri, einer der regelmäßigen Spielstätten des Bach:Sommers sind wie die Burg romanisch.
Christoph Hoffmann aus Wandersleben und die Bache
Johann und Heinrich Bach, erlernten ihr Handwerk von 1618 bis 1623 bzw. 1629 bis 1634 bei Johann Christoph Hoffmann (um 1575 –1636) aus Wandersleben, der vor allem als Stadtmusicus in Suhl bekannt ist. Beide Brüder heiraten eine Tochter Hoffmanns, Johann Barbara, Heinrich Eva, die Großmutter Joh. Sebastians erster Frau Maria Barbara.
Ernst Dietrich Heindorff
war ab 1681 bis zu seinem Tode 1724 Kantor in Arnstadt. Geboren wurde er 1651 in Wandersleben. Peter Wollny identifizierte ihn als Hauptschreiber des Altbachischen Archivs.
Christian Friedrich Hunold
wurde am 29. September 1680 als Sohn des Gräflich Gleichen-Hatzfeldtischen Pachtmannes Tobias Hunold in Wandersleben geboren.
Frühe Jahre in Wandersleben, Arnstadt und Weißenfels
Der Vater bewirtschaftete das gräfliche Vorwerk, welches sich ehemals auf dem Gelände der Domäne Wandersleben befand (Umfeld der heutigen Grundschule). Bereits 1691 starben die Eltern innerhalb eines Monats an einer "hitzigen Krankheit", wie man den Kirchenbüchern entnehmen kann.
So war Christian Friedrich Hunold seit seinem 11. Lebensjahr mit weiteren vier Geschwistern Vollwaise. Da die Eltern ein ansehnliches Erbe hinterlassen hatten, konnte er eine gute Bildung genießen.
Er ging in Arnstadt zur Schule und wechselte später auf das Gymnasium illustre Augusteum nach Weißenfels. Dieses wurde seit 1678 vom berühmten Meister barocker Poetik, Christian Weise, geleitet.
Von Jena nach Hamburg
Ab 1698 studierte Hunold an der Universität Jena Jurisprudenz, mußte aber 1700 das Studium aus Geldmangel abbrechen. Sein Wanderslebener Vormund lehnte jegliche weitere Unterstützung ab, so dass der 20jährige allein auf sich gestellt nach Möglichkeiten suchen musste, wie sein Lebensweg weiter zu gestalten war. In höchster finanzieller Notlage wandte er sich nach Hamburg. Quellen berichten, daß er im Winter ohne Winterkleidung loszog.
Hamburg war zu jener Zeit eines der bedeutenden kulturellen Zentren nördlich der Alpen; es existierte ein bürgerliches Opernhaus, Verlage und mit ihnen Autoren und Wissenschaftler waren in der wohlhabenden Hansestadt ansässig.
Hunold fand eine Anstellung als Schreiber bei einem Advokaten, hatte jedoch nach kurzer Zeit Verleger und Künstler kennen gelernt, so dass an eine Veröffentlichung seiner Texte wirklich zu denken war.
1700 erschien sein erster Roman mit dem Titel Die galante und verliebte Welt. Dieses Werk begründete seine Anerkennung als Schriftsteller.
Nun nannte er sich Menantes
Zu dieser wählte er das Pseudonym Menantes. Das Pseudonym entlehnte er nach eigenem Bekunden einer Oper, die er während seines Aufenthaltes in Weißenfels gesehen hatte.
Es folgten weitere Gedichtbände und Romane, in denen er zum Teil Zu- und Umstände an der Hamburger Oper, aber auch im bürgerlichen und aristokratischen Umfeld der Stadt satirisch zuspitzte und gehörig karikierte. Heutigen Lesern mag sich der Text mancher Satiren nicht mehr vollständig erschließen; Zeitgenossen erkannten durchaus sich und andere wieder - der Skandal ließ nicht lange auf sich warten.
Menantes wurde einer der Hauptvertreter einer Ausrichtung des Barockromans, die in der Literaturwissenschaft heute als Galante Literatur bezeichnet wird. Das Wort "galant" ist bereits im Titel seines Erstlings enthalten und meint unter anderem, dass der historisch-höfische Roman des frühen Barock auf die eher private Ebene des Liebesromans gebracht worden ist.
Doch allein in diesem oberflächlich anmutenden Kontext ist Menantes' Werk nicht zu sehen.
Gefragter Librettist
Christian Friedrich Hunold wurde auch durch seine Zusammenarbeit mit dem Komponisten Reinhard Keiser an der Ersten Hamburger Oper, die 1678 gegründet worden war, als Librettist bekannt. Er überarbeite 1703 die von G.C. Schürmann verfasste Oper Salomo und schuf 1704 als eigenes Werk die Oper Nebucadnezar. Darüber hinaus stammt noch das überaus bemerkenswerte Passionsoratorium Der blutige und Sterbende Jesus aus seiner Feder. Aus dieser Arbeit als Librettist erklärt sich auch der Umstand, daß der Name Menantes heutigen Musikwissenschaftlern häufig vertrauter ist als Germanisten.
Auch in späteren Jahren pflegte Hunold die Zusammenarbeit mit verschiedenen zeitgenössischen Komponisten bzw. erfuhr seine Dichtung bei ihnen solche Wertschätzung, dass seine Werke von ihnen vertont wurden.
So sind mindestens sechs Kantaten Johann Sebastian Bachs aus dessen Köthener Zeit mit Texten Hunolds versehen.
Weitere musikalische Werke unter Hunolds Beteiligung finden sich im Werkverzeichnis von Georg Philipp Telemann sowie des Anhaltiners Johann Friedrich Fasch. Möglicherweise kreuzten sich die Wege Bachs und Menantes' bereits in Thüringen, vielleicht auch später im Anhaltinischen, als Menantes bereits in Halle ansässig war.
Nachdem Hunold in seinem Werk Satyrischer Roman zu viele und für einige Bürger kompromittierende Einzelheiten des Hamburger Opernlebens enthüllt hatte, musste er Hamburg fluchtartig verlassen und fand nach vergeblichen Anstellungsbemühungen am Fürstenhof zu Wolfenbüttel Zuflucht in seinem Heimatort Wandersleben.
Später ließ er sich in Halle nieder, wo er "mit 41 Jahren im 10. Monat gestorben".
Vergessener und wiederentdeckter Bestseller-Autor
Der an der University of California, Los Angeles, tätige Germanist und Hunold-Kenner Hans Wagener schreibt über Hunold: "Die außerordentlich hohe Zahl der Auflagen, wie sie, mit Ausnahme von Christian Weise, von keinem Autor des 17. Jahrhunderts erreicht wurde, demonstriert am besten die Beliebtheit der Hunoldschen Romane".
1925 wies der Wanderslebener Ortschronist Walther Heinze in seiner Aus dem Gebiet der Drei Gleichen - Wandersleben erstmals wieder auf Christian Friedrich Hunold hin.
Doch erst 2002 fand im Wanderslebener Pfarrhaus ein vielbeachteter Vortrag statt. Die ortsansässige Germanistin Dr. Cornelia Hobohm stellte in einem Literatur-Geschichtsvortrag Leben und Werk Hunolds vor und verdeutlichte seinen Stellenwert in der deutschen Literaturgeschichte. Als Ergebnis des Abends entstand ein Förderkreis zur Würdigung des Werks Menantes.
Unter Federführung der evangelischen Kirchgemeinde Wandersleben wurde im Jahr 2003 ein Denkmal für Menantes errichtet und im Jahr 2005 im Nebengebäude des Pfarrhofes ein Museum ausgebaut und gestaltet.
(Quelle: www.menantes-wandersleben.de, zum Teil auch Abbildungen)